Montag, 27. Januar 2014

Oum Shatt

Oum Shatt spielten bereits das sechste von insgesamt acht Konzerten des diesjährigen Pop Freaks-Festivals im Kulturhaus Merlin. Acht Konzerte, die innovative, deutsche Popmusik vorstellen sollen. Die Resonanz ist äußerst positiv: Drei der Konzerte haben das Haus bis auf den letzten Platz gefüllt. Ausverkauft. Das Resultat eines großartigen Line-Ups und eines Kulturhauses, das es immer wieder aufs neue schafft großartige Veranstaltungen bei gemütlicher Atmosphäre zu organisieren. Auch an diesem Abend würde das Haus ordentlich gefüllt sein.


Einen Support-Act würde es aber nicht geben, das wurde einem schon beim Betreten des Konzertbereiches hinter dem heimeligen Café im Merlin bewusst. Ein DJ legte vor der Bühne Platten mit Musik aus den 50ern und 60ern auf. „Rock’n’Roll mit arabischen Klängen“ warnte eine Plakat vor dem Lokal. Mit Rock’n’Roll begrüßte der DJ seine Gäste, mit zunehmend orientalischen Klängen wurde schließlich mehr und mehr zum Konzert übergeleitet. Kurz vor Beginn der Show fühlte ich mich musikalisch vor allem an die Dönerbude um die Ecke erinnert. Gänzlich unbekannt sind diese Klänge Freunden türkischen Fast-Foods doch eigentlich längst nicht mehr. Und doch hat man sich nie wirklich die Mühe gemacht, sich mal näher mit diesen Künstlern zu beschäftigen. Vielleicht sollte ich das mal nachholen, irgendwann?

Die vier Herren von Oum Shatt betreten die Bühne. Jörg Wolschina (Der elegante Rest), kein fester Bestandteil der Band, positioniert sich hinter einem Keyboard mit aufgesetztem Synthesizer. Im Laufe des Konzertes wird er auch zu einem E-Bass greifen. Chris Imler (Die Türen, Jens Friebe, Maximilian Hecker) setzt sich hinters Schlagzeug, Hannes Lehmann (Contriva) übernimmt die Gitarre und Jonas Poppe (Kissogram) kümmert sich um Gesang und Gitarrenspiel.

Das Konzert beginnt. Die Songs klingen irgendwie exotisch, dabei aber catchy und unheimlich tanzbar. Die Einflüsse kann man nur schwer ausmachen, reichen aber weit über arabische Klänge hinaus. Indie, Beat, Flamenco? Einige Stellen würden wunderbar in alte Italo-Western Filme passen. Trockene, hart gespielte Stahlsaiten lassen den ruhigen Gesang Jonas Poppes gefährlich klingen. Ein Lonely Cowboy, der seinen Gaul durch die Wüste Amerikas leitet. Die optische Erscheinung Chris Imlers verstärkt diesen Eindruck. Wenn dieser ekstatisch seine Drums malträtiert während Jonas Poppe tonlos mit der Gitarre schrammelt, kann man sich für kurze Momente sogar vage an afrikanische Klänge erinnert fühlen. Doch auch dies sind nur hilflose Einordnungsversuche, die nie so recht gelingen wollen. Hat man sich auf einen Stil festgelegt, taucht von irgendwo ein Element auf, das dem plötzlich völlig widerspricht. Der Mate, von dem ich mir hin und wieder einen Schluck genehmige, schmeckt nun auf jeden Fall noch eine Spur exotischer.

Langweilig wurde es an diesem Abend nun also sicher nicht. Der Sound der Band reicht von knochentrocken und treibend bis mystisch mit Tiefgang. Abwechslungsreich und gleichzeitig homogen, eine Kombination, die nicht vielen Bands gelingt. Der darüber hinaus hohe Grad an Innovation macht Oum Shatt zu einer einzigartigen Band, die auch auf internationalem Niveau mühelos mithalten kann. Einem Niveau, das ich bisher von allen jungen deutschen Bands nur Okta Logue aus Darmstadt zusprechen wollte.

Der Abend lässt mich mit einem äußerst positiven Gefühl nach Hause gehen. Ein Wiedersehen mit der Band ist fest eingeplant, als Support von Ja, Panik im Keller Klub nämlich. Und so stoße ich auf dem Rückweg mit meinem ehemaligen Mitbewohner mit einem Päckchen Brause auf „no borders, no nations“ an. Passt ja auch irgendwie zu Oum Shatt.

Auf der Facebook-Seite der Band werden übrigens verschiedene Künstler empfohlen. The Devil’s Anvil, Abdel Halim Hafez, Selda und mehr. Eine ganze Reihe Musiker, die es zu entdecken gibt, abseits des westlichen Musikmarktes. Ich denke, ich sollte das nachholen, möglichst bald. Vielleicht fällt einem dann auch die Einordnung von Oum Shatt leichter. Vielleicht ist das aber auch völlig unwichtig, so lange man ihre Musik genießen kann.

Update: Oum Shatt spielen in Stuttgart leider noch nicht den Support von Ja, Panik. Sehr schade…

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